Kinderbuchautorin Claudia Gliemann ist am 19. Januar zu Gast bei der Buchhandlung Hugendubel in der Neuen Mitte. Sie liest ab 18.00 Uhr aus ihrem mehrfach ausgezeichneten und preisgekrönten Buch „Papas Seele hat Schnupfen“ vor. Ihr Bilderbuch handelt von der kleinen Nele, deren Vater an einer Depression erkrankt ist. Die Autorin widmet sich einem schwierigen Thema, das kindgerecht erklärt wird. Anlässlich des bevorstehenden Events haben wir mit der Autorin gesprochen.
Neue Mitte Fürth: Frau Gliemann, wie kamen Sie auf das Thema Depression?
Claudia Gliemann: Ich kannte einige Menschen, die unter Depressionen litten. Einige davon hatten auch Kinder und ich habe mich gefragt, wie es den Kindern geht, wenn der Vater morgens nicht mehr aus dem Bett kommt, wenn er wenig mit ihnen macht und wenn er dann vielleicht auch noch lange in eine Klinik muss, usw.
Neue Mitte Fürth: Wie haben Sie zum Thema recherchiert?
Claudie Gliemann:Ich habe mich dazu mit Menschen unterhalten, die unter Depressionen litten und auch mit Einrichtungen gesprochen, die sich um Kinder kümmern, deren Eltern unter psychischen Krankheiten leiden. Das Buch wurde dann auch von den unterschiedlichsten Personen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen Korrektur gelesen, weil mir wichtig war, dass es den Kindern hilft und am Ende ein gutes Gefühl bleibt.
Neue Mitte Fürth: Kennen Sie Kinder, deren Eltern unter Depressionen leiden? Inwiefern leiden die Kinder unter Depressionen ihrer Eltern? Kann das Buch auch den Eltern helfen?
Claudia Gliemann: Seit dem Erscheinen des Buches im Jahr 2014 ist viel passiert. Wir haben zwei Preise für das Buch erhalten, den Publikumspreis der Frankfurter Buchmesse ebenso wie den DGPPN-Antistigma-Preis. Außerdem arbeite ich seit Jahren mit der Deutschen DepressionsLiga e.V. zusammen. Das ist der einzige bundesweite Verein von Betroffenen. Ich bin regelmäßig auf Tagungen zu psychischer Gesundheit und durch die Deutsche DepressionsLiga kenne ich auch viele Menschen, die unter Depressionen leider, die Kinder haben und ich kenne mittlerweile auch einige Kinder. Außerdem bin ich in einem Gemeinschaftsprojekt von AOK und Deutscher Depressions Liga e.V. in ganz Deutschland auf Lesereise in Schulen, und auch bei meinen Lesungen erzählen Kinder immer wieder ihre eigenen Geschichten und ich sehe viel und lerne viele Menschen und natürlich vor allem Kinder kennen und deren Sorgen und Nöte. Bei meinen Abendveranstaltungen kommt es nicht selten vor, dass erwachsene Kinder psychisch kranker Eltern im Publikum sitzen, die nach der Lesung zu mir kommen und mir ihre Geschichte erzählen und sich gewünscht hätten, früher ein solches Buch gehabt zu haben. Und vor allem erzählen sie oft, dass es nicht unbedingt die Krankheit der Eltern war, unter der sie litten, sondern darunter, dass sie ihnen niemand erklärt hat, dass sie wussten, dass etwas anders ist, aber nicht wussten, was, oder dass sie bewusst nicht darüber reden durften, weil es noch immer ein großes Tabuthema ist, weil wir alle nur sehr ungerne zugeben, dass wir schwach sind, etwas nicht können, und psychische Probleme geben wir noch viel weniger gerne zu.
Neue Mitte Fürth: Welches Feedback bekommen Sie von Eltern – welches von Kindern?
Claudia Gliemann: Von den Eltern kommt meist die Aussage, dass sie froh sind, dass das Thema angesprochen wird, dass es gut ist. Die Kinder sind bei den Schullesungen meist sehr aufmerksam dabei. Erst kommt eine musikalische Lesung aus „Papas Seele hat Schnupfen“, dann folgen ca. 15. Minuten Gespräch zu dem Thema und danach können die Kinder noch etwas basteln, wodurch sie dann wieder aus Neles Welt, um die es in dem Buch geht, in ihre eigene Welt kommen können und sich bewusst auf ihre Ressourcen konzentrieren können.
Manchmal mache ich die Lesung auch in Einrichtungen für Kinder psychisch kranker Eltern, und das sind dann die dichtesten Veranstaltungen, weil ich weiß, dass 100 Prozent meiner Zuhörer betroffen sind. Auch hier bekomme ich immer wieder die Rückmeldung, dass es gut ist, sich über das Thema auszutauschen und zu hören und zu sehen, wie es dem anderen damit geht.
Neue Mitte Fürth: Wie nehmen die Kinder das Thema an? Was können wir vom Umgang der Kinder mit dieser Krankheit als Erwachsene lernen?
Claudia Gliemann: Mein Eindruck ist, dass die Kinder das Thema gut annehmen und sich vor allem dafür interessieren, dass es ihnen etwas sagt und sie auch mehr darüber wissen möchten. Sie sind meist ganz dabei. Manchmal kommt die Rückmeldung: „Ach, jetzt weiß ich, wie es jemandem geht, der so eine Krankheit hat“. Ich glaube, durch die Lesung, wird gut fühl- und spürbar, wie es jedem in diesem System geht: den Kindern, den Betroffenen und auch den Partnern. Was wir als Erwachsene davon lernen können? Dass Kinder viel unverkrampfter an das Thema herangehen. Wenn der Körper krank sein kann, warum kann dann nicht auch die Seele krank sein. Ist doch logisch? Und was ist da dann schlimm dran? Warum muss man sich dafür schämen?
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Gliemann!
Schulen können die Lesung kostenlos in einem Gemeinschaftsprojekt von AOK und Deutscher DepressionsLiga e.V. buchen können.
Claudia Gliemann
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